Stadtgeschichte – Digitalisierung Borkener Urkundenbestände

Stadtgeschichte – Digitalisierung Borkener Urkundenbestände
Hansegrafschaft: Die vermutlich älteste Urkunde im Borkener Stadtarchiv ist wohl vor 1260 entstanden (Foto: Stadt Borken)

Stadtarchiv hütet rund 700 Pergament- und Papierurkunden

(pd) Nur wenigen dürfte bekannt sein, dass das Borkener Stadtarchiv rund 700 Pergament- und Papierurkunden hütet, die bis ins 13. Jahrhundert zurückreichen und von der Geschichtsforschung und der Öffentlichkeit bislang nur sehr sporadisch beachtet wurden. Unter ihnen finden sich die ältesten schriftlichen Aufzeichnungen, die in unserer Stadt selbst vorhanden sind. Die mutmaßlich älteste Urkunde ist wohl vor 1260 entstanden. Sie bestätigt, dass die Stadt Borken seit alter Zeit berechtigt war, die sogenannte Hansegrafschaft über einen Bezirk auszuüben, der von Winterswijk und Groenlo über Vreden bis Velen, Haltern, Lippramsdorf und Raesfeld reichte.


Dies bedeutete nicht etwa eine Mitgliedschaft Borkens in dem Fernhändler-Netzwerk Hanse, es belegt aber immerhin, dass die mehrtägigen Märkte, die in Borken im Jahreslauf gehalten wurden, zu dieser Zeit eine regionale Bedeutung hatten. Der Hansegraf hatte nämlich die Aufgabe, den Marktfrieden zu beaufsichtigen und für das sichere Geleit der Kaufleute zu sorgen. Die jüngste Urkunde des Bestandes stammt aus dem Jahr 1845; damals stiftete Kaspar Maximilian Droste zu Vischering, Bischof zu Münster, an der Borkener Pfarrkirche eine Vikarie, über deren Besetzung die Stadt zu entscheiden hatte. Diesen wertvollen und umfangreichen Urkundenbestand lässt das Stadtarchiv Borken derzeit im Rahmen des sogenannten Monasterium-Projekts digitalisieren. Hinter diesem Namen verbirgt sich das weltweit größte Internet-Portal für historische mittelalterliche und neuzeitliche europäische Urkunden, an dem sich bislang rund 190 Institutionen aus vielen europäis chen Staaten mit ca. 700.000 Urkunden beteiligen. Auf dieses Portal können Forscher*innen und Interessierte kostenfrei zugreifen: https://www.icar-us.eu/cooperation/online-portals/monasterium-net

Der Österreicher Robert Reiter digitalisiert aktuell den kompletten Urkundenbestand des Stadtarchivs (Foto: Thomas Hacker, Stadtarchiv Borken)

Vor 20 Jahren hatte das Projekt mit der Digitalisierung von Urkunden österreichischer Klöster begonnen. Später schlossen sich süddeutsche Hauptstaatsarchive bzw. Landesarchive und die ersten größeren Stadtarchive an, etwa von Nürnberg, Schwäbisch-Gmünd oder Speyer. Das Stadtarchiv Borken ist nun das erste nordrhein-westfälische Kommunalarchiv, das sich am Monasterium-Portal beteiligt. Voraussichtlich ab Frühjahr 2022 wird der städtische Urkundenbestand samt aller Regesten, also der Aufzählung der wichtigsten Inhalte, enthaltenen Namen und Orte, in dem Online-Portal kostenfrei abrufbar sein.

Die Digitalisierung der Borkener Urkunden nimmt in städtischen Räumen der aus Österreich stammende Historiker Robert Reiter vor. Seit 2009 hat er in halb Europa bereits hunderttausende Urkunden gescannt, das Borkener Stadtarchiv ist seine 91. Station. In einem verschatteten Raum entnimmt Reiter dafür sorgfältig Urkunde für Urkunde ihrer Aufbewahrungstasche, faltet sie vorsichtig zurück und fixiert sie mit kleinen Magneten auf dem Scan-Tisch. Er digitalisiert aber nicht nur die Vorderseiten und, soweit vorhanden, die anhängenden Siegel, sondern auch die Rückseiten. Bisweilen tragen sie nämlich wertvolle Vermerke, die für das Verständnis des Dokuments wesentlich sind.

Die städtischen Urkunden enthalten Informationen über unzählige Rechtsgeschäfte wie etwa Verkäufe von Grundstücken und Häusern oder private Stiftungen an die bis in die 1950er Jahre existierende Armenstiftung. Ihre geplante Onlinestellung soll den „Dornröschenschlaf“ beenden, sodass sich Forscherinnen und Forscher und genealogisch Interessierte künftig über alle Grenzen hinweg mit Borkens ältester Stadtgeschichte und den Beziehungen in andere Städte und Regionen beschäftigen können.